Die Frage ist ja schon etwas älter, aber ich finde sie richtig gut. Daher meine Antwort: Nein, um Gottes willen! Das heißt: Können könnte ich vielleicht schon, aber wollen will ich nicht.
Ich muß dazu sagen, daß mein erster eigener Computer, zu dem ich mich habe breitschlagen lassen, 1997 ein Laptop mit dem gigantischen Festplattenspeicher von 1 GB (!!!) war. Das war damals ja ziemlich viel, und mit 40 MB RAM war er auch extrem schnell. Aber man konnte eben auch nicht viel mehr damit machen als Texte schreiben und Solitär spielen (und andere Spiele, wenn ich denn welche gehabt hätte). Das war in meinem zweiten Studienjahr, und ich hatte mich mühsam und gegen psychologische Widerstände (dann bist du ja immer auf Strom angewiesen und siehst das Ergebnis deiner Arbeit nicht als Papierstapel vor dir liegen, und außerdem kannst du deine Daten nur mit Hilfe eines Computers anschauen!) dazu durchgerungen, nun doch mit einem Computer zu arbeiten, weil man mir erklärt hatte, daß ich dann ganze Textpassagen komfortabel verschieben könnte und nicht wegen einiger Korrekturen die ganze Seite nochmal würde tippen müssen. Mit dem Internet habe ich mich dann erst 2001/2002 angefreundet, weil ich der Meinung war, eine Doktorarbeit könne man nicht ohne Internetrecherche schreiben. Außerdem ging ich langsam dazu über, E-Mails als mein bevorzugtes Kommunikationsmedium zu betrachten. Also habe ich mir ein 56k-Modem gekauft und bin damit ins Internet. Nicht zu lange natürlich, denn jede Minute hat gekostet, und ich hatte ja kein Geld übrig!
Aber mittlerweile bin ich so richtig auf den Geschmack gekommen (fing an, als ich wegen eines Buchprojekts genötigt war, mich intensiver mit Word zu beschäftigen, und festgestellt habe, daß ich das sogar kann, wenn ich will). Die Möglichkeiten eines Computer und alles, was in Zukunft da noch an schönen Sachen kommen kann/wird, begeistern mich total, und mir machen mittlerweile auch solche Dinge wie ein neues Gerät zu personalisieren, neue Programme auszuprobieren, Anwendungsprobleme zu lösen etc. richtig Spaß. Ich finde, die Frustration ist zwar hoch, wenn Dinge nicht klappen, aber umso größer ist auch die Befriedigung, wenn man ein Problem selber lösen kann. Speziell die Möglichkeiten der Bild- und Filmbearbeitung (auch wenn ich das auf einem sehr bescheidenen Niveau betreibe) machen mir viel Freude. Außerdem schreibe ich praktisch nur noch auf dem Computer (früher von Hand und mit elektrischer Schreibmaschine). Man kann eben auch alles so schön professionell gestalten (wenn man es kann). Und da ich sowohl beruflich dauernd schreiben muß als auch privat gern schreibe...
Beruflich würde ich auch ohne Computer und Internet gar nicht mehr zurechtkommen. Office-Programme, PDF-Konvertierung und Fertigkeiten im Erstellen des Druck-Layouts werden selbstverständlich vorausgesetzt. Wer das nicht kann, muß schon so weit oben sein, daß er es an die Sekretärin oder an Hilfskräfte delegieren kann, und das gilt nicht mal für alle Professoren. Außerdem habe ich PowerPoint für mich entdeckt und empfinde es mittlerweile als Highlight der Vortragsvorbereitung, wenn ich die Folien zusammenstellen und am Ende mit korrekt abgestimmter Animierung abspielen kann.
Das Internet schließlich ist schon zum festen Bestandteil meines Alltags geworden. Ich erwische mich dabei, daß ich bei nahezu jeder Frage (außer den richtig fachlichen, bei denen das auch nicht hilft) reflexartig den Computer anwerfe, um im Internet zu recherchieren. Informationen, Ärzte, Waren, bei denen man nicht weiß, in welcher Art Geschäften sie verkauft werden, ob es die Geschäfte in der Nähe gibt oder wie die Waren heißen - im Prinzip findet man alles im Netz. Außerdem verkehre ich mit vielen Menschen überwiegend per E-Mail, weil das einfach die mir angenehmste Kommunikationsmethode ist. Ich telefoniere nämlich nicht gern (kann es nicht gebrauchen, wenn ich den Gesprächspartner nicht sehe, und verquatsche mich auch leicht) und finde, daß man vieles auch einfach schriftlich festhalten sollte, aber Briefeschreiben ist langwierig, umständlich und teuer. Also: E-Mail.
Abgesehen davon kommt man über das Internet an buchstäblich ALLES ran, auch, wenn es eigentlich gar nicht zu kaufen ist. Als Kind habe ich mich manchmal jahrelang nach bestimmten Filmen oder Serien verzehrt, die ewig nicht wiederholt wurden (Videorekorder gab's bei uns zuhause erst ab 1989, Kabelfernsehen hatte ich erst ab 1996). Wenn man mir damals gesagt hätte, daß ich später einmal aus einem anderen Teil der Welt Filme bekommen könnte, die es gar nicht zu kaufen gibt (und vielleicht auch nie geben wird), dann hätte ich es nicht geglaubt. - Und natürlich kann man Foren wie dieses hier besuchen und sich mit anderen Fans einer Serie austauschen, an die sich die eigenen Freunde überhaupt nicht erinnern können.
Mittlerweile habe ich auch ein billiges Acer-Netbook mit Linux drauf, das ich auch in den Urlaub mitnehmen darf (war nicht so teuer, hat nur Flash-Speicher und ist daher nicht so empfindlich, paßt in den Safe im Hotelzimmer). Seitdem macht mir die Trennung von meiner technischen Ausstattung zuhause auch weniger aus. Erhöht doch sehr die Lebensqualität im Urlaub, wenn man auch schreiben und Filme angucken und sich - je nach Angebot - ins W-LAN einklinken kann.
Mit anderen Worten: Nein, ich MÖCHTE mir ein Leben ohne Computer, Internet (am besten mit Hochgeschwindigkeits-Flatrate), Fernseher und DVD-Rekorder gar nicht mehr vorstellen. Ein bißchen süchtig bin ich vielleicht schon, aber ich überlebe im Urlaub auch eine ganze Woche ohne Internet und E-Mail (wenn man nämlich für 30 min 1 Euro löhnen darf und das Ding dann auch noch lahm ist oder wenn ich in einem der Länder bin, in denen das Internet nicht immer und v.a. nicht schnell funktioniert), ohne Filme und sogar ohne Fernseher. Aber mit ist eben schöner, und hinterher bin ich auch wieder ganz glücklich über den Komfort zuhause. Im Alltag kann ich mir aber wirklich schwer vorstellen, auf all die Bequemlichkeiten und Vergnügungen zu verzichten, die mir die technische Ausrüstung ermöglicht.
Trotzdem lese ich gern und viel, nicht nur weil ich beruflich muß, sondern auch privat zum Vergnügen. Ich schreibe auch Texte für mich selbst, höre Musik und diskutiere viel mit meinem Lebensgefährten. Außerdem treffen wir uns in der weiteren Familie oft zu Feiern, was mich momentan immer ein ganzes Wochenende kostet, weil ich so weit von allen anderen entfernt wohne. Natürlich könnte man von all dem mehr tun, wenn es keinen Computer, kein Internet und kein Fernsehen gäbe. Aber man könnte eben auch viele andere (auch kreative) Dinge nicht tun. Mir wird zwar immer die (freie) Zeit knapp, aber andererseits: Ohne Computer und Internet würde meine Arbeit viel mehr Zeit fressen. Allein, wie lange man ohne vernünftige Textverarbeitung braucht, um Fußnoten zu setzen! Oder die vielen Seiten, die man mehrmals komplett schreiben/tippen müßte! Und so weiter... Da wäre wahrscheinlich am Ende auch nicht mehr Zeit für Hobbies und Familie übrig...
