Ein sehr interessantes und "intensives" Drama habe ich mir gestern angeschaut: "Die Tage unter Null" (Originaltitel: Les heures souterraines) ist eine französische TV-Produktion aus dem Jahr 2014, die kürzlich bei ARTE zu sehen war. Der Film basiert auf dem Roman von Delphine de Vigan und wurde auch schon als Theaterstück aufgeführt.
Ich bin wirklich froh, dass ich den Streifen mitgeschnitten habe, weil man es hier mal wieder mit so einem französischen Drama zu tun hat, das in ruhigen, aber dafür umso eindringlicheren Bildern das Schicksal seiner Protagonisten zeigt. Prägnant ist, dass Regisseur Philippe Harel seine Figuren bewusst im tristen Alltag zeigt und sie nicht an den typischen Sehenswürdigkeiten vorbeiflanieren lässt, sondern den Zuschauer mit der überfüllten Metro, einem trostlosen Büro oder dem gedrängten Straßenverkehr in der Pariser Innenstadt konfrontiert - was gekonnt die Gemütslage der beiden Charaktere widerspiegelt.
Man muss aber dazusagen, dass der kurze ARTE-Trailer ein bisschen irreführend ist, weil er suggeriert, dass man es eher mit einer romantischen Lovestory zu tun hat. Das ist aber nur bedingt der Fall. Zwar laufen sich Mathilde und Thibault mehrere Male fast über den Weg, dominiert wird die Geschichte aber durch das Berufsleben der beiden, was, wie ich finde, sehr realitätsnah gezeichnet wurde. Mathildes Querelen mit ihrem Chef und ihrer systematischen Degradierung wirken sehr authentisch, was wohl jeder bestätigen kann, der selbiges mal miterlebt hat. Man leidet als Zuschauer regelrecht mit, wenn Mathilde ihren Kampf gegen Windmühlen bestreitet, der letztlich auf das gekränkte Ego ihres Chefs herunterzubrechen ist. Und auch Thibaults stetige Annäherung an ein Burn-Out, das sich (wie es nun mal ein Symptom dieser Erkrankung ist) schon auf sein Privatleben auswirkt, hat der Regisseur eindringlich und mitreißend inszeniert. Am Ende winkt dann aber doch die Hoffnung, das alles, was passiert ist, doch für etwas gut war - und sich die Quälerei damit gelohnt hat...
Der Film ist wirklich glänzend besetzt! Ob das nun Marie-Sophie Ferdane ist, die sich verzweifelt gegen diese unfaire Behandlung stemmt, Mehdi Nebbou, der sich selbst an seine eigenen Grenzen treibt, oder (sehr brillant!) Eric Savin, dem man den mobbenden Vorgesetzten von vorne bis hinten abnimmt - die Darsteller machen allesamt einen grandiosen Job. Ach ja, wer sich wundert, wieso man Thibault einen französischen Akzent hat angedeihen lassen, dem sei gesagt, dass sich Mehdi Nebbou, aus welchen Gründen auch immer, selbst auf deutsch synchronisiert hat. Das hat aber natürlich den Vorteil, dass die Stimme 100%ig passt.
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Was ich an den französischen Filmemachern so schätze, zeigt sich auch in "Die Tage unter Null": Ungeschönt und in aller Eindringlichkeit, schildert der Regisseur hier die Widrigkeiten, die das Leben beruflich und privat so mit sich bringt. Dabei belässt er es aber nicht nur bei depressiven und aussichtslosen Situationen, sondern konfrontiert seine Protagonisten (und damit freilich auch den Zuschauer) mit kleinen hoffnungsvollen Momenten, die immer wieder aufblitzen und die es in diesen Ausnahmesituationen schlicht zu erkennen gilt.
Inszenatorisch und erzählerisch ist diese kleine TV-Perle eine absolut runde Sache. Vor allem das Stilmittel, die Protagonisten zu Beginn erstmal aus dem Off von ihren Situationen berichten zu lassen, fand ich angebracht, um Zugang zu den Figuren zu finden. Für meinen Geschmack hätte es dieses französische Drama auch locker auf die große Leinwand schaffen können.
Meine Wertung: von 5 Popcorn-Portionen
2014 // Die Tage unter Null
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2014 // Die Tage unter Null
Zuletzt geändert von Sponskonaut am Do 13. Okt 2016, 21:58, insgesamt 1-mal geändert.
"A man is rich in proportion to the number of things which he can afford to let alone.”
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Re: 2014 // Die Tage unter Null
Der Trailer spricht mich wirklich nicht so an und man wüsste gar nicht in welche Richtung es gehen soll.
Doch deine Schilderungen darüber lässtn es wieder interessant erscheinen. Zumal die Problembehandlung mich anspricht und mich interessieren würde wie realitätsnah es ist...
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Re: 2014 // Die Tage unter Null
Das ist auch irgendwie nur so ein Zusammenschnitt von ein paar Szenen. Einen richtigen Trailer habe ich leider nicht gefunden.Viktualia hat geschrieben:Der Trailer spricht mich wirklich nicht so an und man wüsste gar nicht in welche Richtung es gehen soll.
Wie gesagt, ich fand das Ganze schon sehr realistisch dargestellt. Ich liebe auch einfach die Erzählweise der Franzosen! Da wird nichts geschönt und oftmals lässt man die Bilder für sich sprechen. In "Die Tage unter Null" fällt da sogar noch eher "massenkompatibel" aus, wahrscheinlich weil es eine TV-Produktion ist, aber wenn man sich mal andere französische Dramen anschaut, macht sich das noch bemerkbarer. "Mademoiselle Chambon" ist da so ein Beispiel. Da wird in vielen Szenen sogar auf Dialoge verzichtet, und man lässt die Darsteller schlicht über Mimik und Gestik kommunizieren und die Geschichte erzählen - wirklich beeindruckend. Überhaupt finde ich, dass die französischen Akteure so genau "auf den Punkt" spielen können.Zumal die Problembehandlung mich anspricht und mich interessieren würde wie realitätsnah es ist...
Wenn ich mir dagegen so manche deutsche Filmproduktion anschaue - und das deutsche Kino hat sich in den letzten Jahrzehnten wirklich gemausert -, dann kommt es mir oft so vor, als würde da vieles komplett ausformuliert werden, damit es auch jeder versteht... Da habe ich oft den Eindruck, als würden die französischen Filmemacher ihrem Publikum schlicht mehr zutrauen.
Wie auch immer, "Die Tage unter Null" wird auf ARTE am 24. November und am 3. Dezember um 14:05 Uhr wiederholt. Ich weiß, ist eine blöde Uhrzeit, aber vielleicht hast du doch ja die Möglichkeit zu gucken oder es irgendwie aufzunehmen.
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